Gemischte Studien- und Forschungskommission

Zur Parlamentarischen Initiative der grünen Fraktion: Gemischte Studien- und Forschungskommission

Die grüne Fraktion fordert die Einführung der Möglichkeit, gemischte Studien- und Forschungskommissionen einzusetzen, die sowohl aus Parlamentsmitgliedern als auch aus Fachleuten bestehen, wenn es darum geht, Entscheidungen von grosser Tragweite vorzubereiten und zu verarbeiten. Auf die Idee sind wir im Deutschen Bundestag gekommen. Die grüne Fraktion ist vor zwei Jahren nach Berlin gereist und hat dort eine Sternstunde des Parlamentarismus erlebt. Da wurde im Deutschen Bundestag über die ganze Stammzellen-Embryonenforschung eine Debatte auf absolut höchstem Niveau geführt. Es war eine absolute Aufmerksamkeit und volle Präsenz im Saal. Alle Leute haben einander zugehört; die Parteien haben ihr Pro und Kontra, ihre Bedenken, ihre Unterstützung der Idee, Stammzellenforschung zu betreiben oder sie eben abzulehnen, dargelegt. Es war eine ethisch hoch stehende Debatte, wie sie einem Parlament nur gut anstehen kann und wie ich sie selber noch nie erlebt habe.

Dieser hoch qualifizierten Auseinandersetzung im Deutschen Bundestag ging die Arbeit einer Enquete-Kommission voraus, einer solchen gemischten Studienkommission, in welcher sowohl Parlamentsmitglieder als auch Fachleute gesessen haben. Das hat man der Qualität der Debatte angemerkt: Sie war wirklich auf ausgesprochen hohem Niveau. Es gab auch keine Zwischenrufe, es war wirklich eine feierliche Stunde im Parlament. Es ging auch nicht darum, irgendeine Gesetzesvorlage zu verabschieden, sondern nur einmal darum, eine Grundsatzdebatte über diese heikle Frage der Embryonen- und Stammzellenforschung abzuhalten.

Motiviert und beeindruckt von diesem Highlight einer parlamentarischen Debatte, haben wir Grünen schliesslich selber eine solche Idee entwickelt und schlagen Ihnen nun vor, dass auch das schweizerische Parlament eine solche gemischte Studien- und Forschungskommission einsetzen soll. Das Parlament soll mit diesem neuen Instrument immer dann ausgestattet werden, wenn es auf Wunsch von Parlamentsmitgliedern verlangt wird und wenn es um langfristige und grundlegende Fragen geht.

Im Deutschen Bundestag existiert diese Form der so genannten Enquete-Kommission mit Erfolg. Dort arbeiten Wissenschafterinnen und Wissenschafter sowie Parlamentsmitglieder gleichberechtigt zusammen. Dies ermöglicht einen viel besseren Austausch zwischen den Sphären der Politik und der Wissenschaft, als wir ihn bei punktuellen Hearings hier im Parlament erleben.

Bei uns ist die Situation so: Wir laden zwar die Fachleute zu Hearings ein; sie haben in der Regel 20 Minuten Zeit, dann dürfen wir ihnen Fragen stellen, und dann verlassen sie das Kommissionszimmer. Die weitere Auseinandersetzung findet ohne sie unter uns Parlamentsmitgliedern statt. Das ist eine unbefriedigende Situation, weil das Know-how, die Erfahrung und auch die Auseinandersetzung der Hearingsteilnehmer mit uns nämlich fehlen oder nicht stattfinden.

Wir sind überzeugt, dass eine solche Enquete-Kommission insgesamt die Fachkompetenz und die Stellung des Milizparlamentes stärken kann. Die Mehrheit argumentiert leider genau dagegen und sagt, man bräuchte für das Instrument einer solchen Enquete-Kommission ein Berufsparlament. Wir sind genau anderer Meinung: Gerade weil wir kein Berufsparlament, sondern ein Milizparlament sind, denken wir, dass eine solche fundierte Auseinandersetzung für ein Milizparlament von grosser Bedeutung wäre und die Qualität unserer Debatten und Entscheide eindeutig verbessern könnte.

Was wir in diesen Kurzhearings mit Fachleuten machen, birgt die Gefahr in sich, dass vorschnell Auseinandersetzungen entlang konventioneller und ideologischer oder parteipolitischer Gräben entwickelt werden. Wir denken, es wäre der Sache dienlicher, wenn frühzeitig versucht würde, zusammen mit der Wissenschaft eine Bestandesaufnahme zu machen und wenn möglich parteiübergreifende Lösungen zu entwickeln. Denn bei uns ist es so, dass die Lobbys, die auf unsere Arbeit einwirken, sehr wohl existieren. Sie nehmen einfach noch sehr viel früher als wir Einfluss auf die parlamentarische Arbeit, indem sie nämlich bereits bei der Entstehung von Gesetzen mitwirken. Wir denken, dass durch eine solche Kommission die Spiesse zwischen der Politik und der Wissenschaft und den Lobbys, die von aussen auf die Gesetzgebung einwirken, wieder gleich lang gemacht würden.

Ein mögliches Thema für eine solche Enquete-Kommission könnte zum Beispiel die Zukunft der Altersvorsorge sein. Das Parlament befasst sich ja jedes Mal nur mit Einzelfragen. Einmal ist es die AHV, die wir besprechen, und einmal ist es das BVG, aber eigentlich hat die ganze Altersvorsorge einen inneren Zusammenhang. Eine solche Enquete-Kommission könnte einmal grundsätzlich eine Auslegeordnung zur ganzen Altersvorsorge machen. Ein anderes Beispiel, von dem wir uns sehr gut vorstellen könnten, dass es Gegenstand einer Enquete-Kommission sein könnte, ist die Klimaveränderung. Nach diesem Jahrhundertsommer kann niemand mehr abstreiten, dass da ein Klimawandel im Gange ist.

Ich habe gedacht, ich könnte noch ein paar Minuten länger sprechen, weil der Minderheitssprecher Gross Andreas nicht im Saal ist und ich die Einzige bin, die für diese Parlamentarische Initiative wirbt. Aber der Präsident scheint davon nichts wissen zu wollen.

Ich hätte noch viele Themenvorschläge für eine solche Enquete-Kommission. Die grüne Fraktion beantragt Ihnen, der Parlamentarischen Initiative Folge zu geben und das Anliegen gemischte Enquete- oder Forschungskommission einmal genauer anzuschauen und nach einer ersten Phase dann die Entscheidung zu treffen, wie eine solche Kommission ausgestattet werden kann.

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