Asylgesetz. Teilrevision

Teilrevision Asylgesetz

Wir sind beim Kapitel der Zwangsmassnahmen gemäss Anag, und mit Artikel 3a soll eine neue Verschärfung eingeführt werden. Es ist nicht die zentrale Verschärfung - diese folgt weiter hinten, und wir werden darüber sprechen -, aber trotzdem ist es ein weiterer Mosaikstein im Bestreben, die Asylsuchenden an die Kandare zu nehmen.

Es geht darum, dass die zuständige Behörde des Bundes oder des Kantons Personen zur Eröffnung einer Verfügung im Zusammenhang mit ihrem Aufenthaltsstatus oder zur Feststellung ihrer Identität oder Staatsangehörigkeit festhalten kann, soweit dazu ihre persönliche Mitwirkung erforderlich ist. Es wird also als neues Institut die kurzfristige Festhaltung ins Gesetz eingeführt, und zwar dann, wenn der Entscheid eröffnet wird.

Aber das ist gar nicht nötig, weil heute bereits Gegenüberstellungen gemacht werden, um die Identität der Personen feststellen zu können. Zudem ist es ausserordentlich heikel, wenn jemandem genau dann die Freiheit genommen wird, wenn die Beschwerdefrist läuft. An einer Sitzung einer vorberatenden Kommission wurde dieser Vorschlag schon einmal vorgebracht, und eine Expertenkommission kam zum Schluss, dass das EMRK-mässig sehr heikel sei. Sie hat davon abgeraten, diesen Passus in ein anderes Gesetz einzufügen. Nun bringt ihn Bundesrat Blocher für die Zwangsmassnahmen.

Ich bitte Sie, dieser weiteren Verschärfung nicht zuzustimmen. Sie sehen, es ist ein ganzes Puzzle von Verschärfungen, die am Schluss so wirken, dass es für die Leute immer schwieriger wird, ein Verfahren zu erhalten, das ihnen überhaupt die Möglichkeit gibt, sich zu wehren und gerecht behandelt zu werden.


Ich möchte mich noch zum Titel äussern. Jetzt muss ich für diejenigen, die nicht in der Kommission sind, schnell einen kleinen Exkurs machen, wie das gelaufen ist. Wir beraten jetzt am Schluss dieser Fahne zum Asylgesetz die Zwangsmassnahmen aus dem Anag. Auf der Fahne, die wir morgen behandeln werden - das ist die Fahne zum Ausländergesetz -, sind hinten noch einmal die genau gleichen Zwangsmassnahmen gemäss altem Anag aufgeführt. Weil wir das nur einmal beraten, nämlich heute auf der Basis der Fahne zum Asylgesetz und nicht morgen noch einmal, beantrage ich, dass wir den Antrag der Minderheit I - auf Seite 30 der Fahne zum AuG - heute behandeln.

Ich muss schnell sagen, warum der Minderheitsantrag erst auf der AuG-Fahne figuriert. Wir hatten am Schluss, als alles beraten war, an der letzten Sitzung der SPK eben noch die technischen Anpassungen vorzunehmen. Da kam die Verwaltung mit dem Vorschlag, diesem Artikel einen Titel zu geben und ihn, wie es da so schön steht, "Mitwirkungshaft" zu nennen. Ich habe dann beantragt, dass man das Kind beim Namen nennen und ihn mit "Beugehaft" betiteln solle, wie er auch immer in allen Dokumenten genannt worden ist. Denn das ist viel ehrlicher und aussagekräftiger als beschönigende Begriffe wie "Mitwirkungshaft" oder "Durchsetzungshaft", wie es jetzt heisst. Deshalb werden wir über den Titel separat abstimmen und haben damit die Differenz, die auf der morgigen Fahne enthalten ist, ausgeräumt.

Zum Inhaltlichen kann ich mich den Ausführungen meiner Vorrednerin anschliessen: Es geht hier nicht darum, irgendwelche kriminellen Leute ins Gefängnis zu werfen, sondern es geht darum, Leute, die ein einziges Vergehen begehen, nämlich nicht auszureisen, jetzt neu in Beugehaft zu nehmen. Herr Bundesrat Blocher wird es uns dann wieder sagen, ja, das sei etwas ganz anderes als ein normales Gefängnis. Das hat er ja schon bei der Ausschaffungshaft gesagt. Ich war in Zürich im Ausschaffungsgefängnis, und ich wünsche das niemandem. Was man nicht vergessen darf: Ob Ausschaffungshaft, Beugehaft oder Vorbereitungshaft, alle diese Haftarten sind eine Freiheitsberaubung. Tun wir nicht so, als ob das etwas ganz anderes wäre, als in irgendeinem normalen Gefängnis zu sitzen. Ich habe von Josy Gyr-Steiner gehört, dass auch nicht überall getrennt werde, dass Leute unterschiedlichen Regimes ausgesetzt würden. Das muss man hier wieder einmal ganz klar und deutlich sagen: Es geht um Freiheitsberaubung, und das ist etwas vom Schlimmsten, was man einem Menschen antun kann, ihn seiner Freiheit zu berauben, dass er sich nicht mehr frei bewegen kann! Ich weiss nicht, wie das für Sie wäre, solchen Bedingungen unterworfen zu sein; es würde Sie nicht trösten, wenn man Ihnen sagen würde, es sei kein Gefängnis, Sie seien nur Ihrer Freiheit beraubt, weil Sie nicht mitgewirkt haben, aber es sei nicht etwa ein Gefängnis - und gleichzeitig werden Sie in Ihrer Freiheit absolut eingeschränkt.

Jetzt will man noch einmal einen neuen Tatbestand einführen, noch einmal ein neues, grosses Mosaikstück. Ich habe vorhin beim anderen Antrag gesagt, dass es nicht das Kernstück dieser Verschärfungen wäre, wenn es nur um die wenigen Tage ginge, aber hier geht es um ein Kernstück der Verschärfungen. Man muss dabei auch wissen, dass dann für Minderjährige eine Haft von bis zu neun Monaten Dauer möglich sein wird. Das sind drei Viertel eines Jahres. Die Organisation Terre des Hommes schreibt uns: "Die Inhaftnahme Minderjähriger ist grundsätzlich zu vermeiden." Ich zitiere es halt wieder, auch wenn Sie es nicht hören wollen. Wir haben uns mit der Kinderrechtskonvention verpflichtet, uns daran zu halten. Artikel 37 der Kinderrechtskonvention hält ausdrücklich fest, dass die Haft bei einem Kind nur als letztmögliches Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden darf. Neun Monate als kürzeste angemessene Zeit zu bezeichnen ist ja wohl ziemlich zynisch.

Die Einführung der Beugehaft sowie die Verlängerung der Haftdauer im Rahmen der Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft auch für Minderjährige widersprechen der international anerkannten Maxime, wonach das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen sei. Was wir hier tun, verletzt das in eklatanter Art und Weise. Deshalb bitte ich Sie, generell auf diese Beugehaft zu verzichten und dem Antrag der Minderheit Hubmann zuzustimmen. Wenn Sie dabei bleiben und das einführen wollen, dann bitte ich Sie, wenigstens so ehrlich zu sein und das Kind beim Namen zu nennen und "Beugehaft" zu sagen.


Herr Bundesrat Blocher, Sie haben juristisch argumentiert und gesagt, Freiheitsberaubung sei etwas, das im Strafgesetz geregelt sei, es gehe um den Freiheitsentzug. Jetzt sagen Sie ganz genau: Was ist aus der Perspektive des Betroffenen der Unterschied: Wird er jetzt seiner Freiheit beraubt, das heisst, wird er bei der Ausschaffungshaft und bei der Beugehaft eingesperrt, oder wird er nicht eingesperrt?


Sie können sich vorstellen, dass die grüne Fraktion nach dieser Art von Beratung diesem Gesetz keine Unterstützung mehr gewähren wird und dass sie zusammen mit der SP und allen humanitären Kräften in der Schweiz, mit Kirchen, Menschenrechtsorganisationen, das Referendum ergreifen und unterstützen wird. Die ganz harte Linie ist durchgekommen. Bei der Papierlosigkeit und bei der humanitären Aufnahme sind wir unterlegen, und der Rat hat den Nothilfestopp ausgeweitet, ohne Rücksicht auf verletzliche Personen. Einzig bezüglich der Verweigerung der Nothilfe, wo uns das Bundesgericht mit einem Entscheid zurückgepfiffen hat, ist der Rat der Mehrheit der Kommission gefolgt und hat korrigiert. Wir haben die Beugehaft eingeführt und die Dauer der Ausschaffungshaft verdoppelt. Bundesrat Blocher hat bei zwei wichtigen Punkten, in denen der Bundesrat die Minderheit unterstützt hat, nämlich bei der humanitären Aufnahme und bei der Beugehaft, alles dafür getan, hier so zu argumentieren, dass er gegen den Bundesrat gesprochen hat. Das war so halbherzig; er hat hier drin bei diesen zwei entscheidenden Punkten nicht den Bundesrat vertreten.

Jetzt muss ich noch etwas zur Rolle der CVP-Fraktion sagen: Der Sprecher ist hier permanent ans Mikrofon getreten und hat angeblich im Namen der Mehrheit die harte Linie vertreten. Ich habe mir jetzt die Mühe genommen, die Stimmen auszuzählen, und geschaut, wie es denn wirklich war. Und da muss ich jetzt den Leuten der CVP-Fraktion, die auf unserer Seite sind, ein Kränzchen winden. Bei der Beugehaft hat die CVP-Fraktion mit 10 zu 10 Stimmen und 1 Enthaltung abgestimmt, bei der Verdoppelung der Dauer der Ausschaffungshaft hat eine Minderheit mit uns gestimmt, es waren 11 Nein- zu 10 Jastimmen; und der Sprecher war hier vorne und hat nicht mit einem einzigen Wort für diese Minderheit gesprochen, die ja eigentlich gar keine Minderheit ist. Sie ist nicht zu Wort gekommen. Es gab zwei Interventionen in persönlichen Erklärungen und in Fragestellungen. Da muss ich mich fragen, was denn das in der CVP für eine Art von Demokratie ist. Aber ich will trotzdem jenen ein Kränzchen winden, die mit uns gestimmt haben. Ich hoffe, das sei ein gutes Omen für den Abstimmungskampf, sodass sie dann auch auf unserer Seite kämpfen werden.

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