Medienmitteilung Kirchenaustritt

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Wir gehen!

Wir haben uns diesen Entscheid nicht leichtgemacht. Seit Jahren ringen wir mit uns, ob wir als Feministinnen, die sich für Frauenrechte, Geschlechtergerechtigkeit und sexuelle Selbstbestimmung von Frauen einsetzen, einer Institution angehören können, die diese Rechte verneint und in ihren eigenen Reihen Frauen aufgrund ihres Geschlechts aus der kirchlichen Hierarchie, der heiligen (Männer-)Herrschaft, ausschliesst. Papst Franziskus' Äusserung vom 10. Oktober 2018, eine Abtreibung sei wie ein Auftragsmord, ist nun der berühmte letzte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Denn die schockierende Aussage ist nicht nur ein verbaler Ausrutscher, sondern spiegelt die Grundhaltung der römisch-katholischen Amtskirche: Abtreibung ist in jedem Fall eine schwere Sünde, die mit Exkommunikation bestraft werden kann. Über Abtreibung kann man geteilter Meinung sein. Was aber am kirchlichen Nein empört: Frauen in einer Notlage werden zu Kriminellen gestempelt, während gleichzeitig Verhütungsmittel streng verboten sind. Wird eine Frau dann ungewollt schwanger, ist der Schutz des «ungeborenen Lebens» sakrosankt, die Lebenssituation der betroffenen Frauen dagegen wird komplett ausgeblendet. Die Frauen werden kriminalisiert, während die an der ungewollten Schwangerschaft beteiligten Männer überhaupt nicht in die Pflicht genommen werden.

Die Frauenfeindlichkeit hat in der römisch-katholischen Klerikerkirche seit Jahrhunderten System. Zölibatäre Kirchenmänner bestimmen über den Körper und die Sexualität der Frau, vertreten eine rigide und menschenfeindliche Sexualmoral und stellen den Schutz der klerikal-zölibatären Männerkirche über alles, wie aktuell die massiven Missbrauchsfälle und deren jahrzehntelange Vertuschung durch die Kirchenoberen zeigt. Einem solchen System wollen wir als Feministinnen nicht länger angehören: Unsere Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel. Und wie sich zeigt, ist auch unter Papst Franziskus nicht zu erwarten, dass sich dieses patriarchale System vielleicht doch noch ändern könnte.

Auch wenn wir in unseren Ortsgemeinden eine «andere Kirche» erleben, die unsere Werte von Geschlechtergerechtigkeit und einem guten Leben für alle Menschen vertritt, können wir uns nicht länger vormachen, dass wir als Mitglieder der römisch-katholischen Kirche mit dem römischen Lehramt und der Klerikerkirche nichts zu tun hätten und nicht Teil des Systems seien. Wir bleiben zwar unserer «anderen Kirche» mit ihren sozialen Engagements weiterhin verbunden, und unsere bisherigen Kirchensteuern sollen als Spende direkt diesen oder anderen sozialen Projekten zugute kommen. Doch den römisch-katholischen Machtapparat mit seiner patriarchalen Theologie wollen wir mit unserer Mitgliedschaft nicht länger stützen. Wir gehen.

Cécile Bühlmann, ehem. Nationalrätin und ehem. Geschäftsleiterin des cfd
Anne-Marie Holenstein, Mitgründerin «Erklärung von Bern», ehem. Direktorin Fastenopfer
Monika Stocker, Sozialpolitikerin, ehem. Nationalrätin und ehem. Stadträtin Zürich
Doris Strahm, feministische Theologin und Publizistin
Regula Strobel, feministische Theologin und Hotelière
Ruth-Gaby Vermot, ehem. Nationalrätin und Mitglied des Europarates

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