Bilanz 40 Jahre Frauenstimmrecht

| erschienen im Rundbrief 3/11 der Grünen Luzern

Wo stehen die Frauen nach 40 Jahre Frauenstimmrecht – eine Bilanz

Zum 40. Geburtstag des Frauenstimmrechtes wurde ich zusammen mit Brenda Mäder, der Präsidentin der schweizerischen Jungfreisinnigen ins Tagesgespräch des Schweizer Radios eingeladen. Dabei ist mir aufgefallen, wie die Gleichstellung für die junge Politikerin selbstverständlich ist, so selbstverständlich, dass das Thema bei allen ihren Texten auf ihrer Webseite und in ihrem Blog schlicht nicht existiert. Sie betrachtet es als Fortschritt, dass sie die Gleichstellung gar nicht mehr umtreibt, weil in dieser Frage alles erreicht sei und sie sich jetzt mit andern wichtigen Fragen wie den Finanzen beschäftigen könne. Diese Selbstverständlichkeit stelle ich allgemein fest, auch bei den jungen grünen Frauen. Das freut mich sehr, stehen doch junge Frauen heute an einem andern gesellschaftlichen Ort als ich damals beim Einstieg in die Politik. Junge Frauen ernten heute von dem, was frauenbewegte Frauen während der letzten 40 Jahre gesät haben, das ist gut so!

Auch im Zusammenhang mit der Wahl einer Frauenmehrheit in den Bundesrat im Dezember 2010 stellte ich fest, dass in der veröffentlichten Meinung diese Tatsache keine hohen Wellen mehr warf, sie galt als selbstverständlich. Welch ein Wandel! Noch vor 10 Jahren als die Quoteninitiative zur Abstimmung kam, welche eine geschlechtergerechte Verteilung der Regierungs- und Parlamentssitze forderte, scheiterte diese nach einem emotionalen und frauenfeindlich unterfütterten Abstimmungskampf mit einem totalen Fiasko. Nur 28% der Frauen und klägliche 11% der Männer sagten Ja zur gleichberechtigten Einsitznahme von Frauen und Männern in die höchsten politischen Gremien der Schweiz.

Die Quote ist und bleibt aber das effizienteste und wirksamste Mittel zur Erreichung dieses Ziels. Kein Wunder, dass die Diskussion um sie deshalb wieder aufflammt, und zwar wegen den absolut desolaten Zuständen in der Wirtschaft. Ernüchtert stellen Frauen nämlich fest, dass sie in der Politik inzwischen zwar ein Viertel bis ein Drittel der Plätze erkämpft haben, dass aber in den entscheidenden Etagen der Wirtschaft die Männer praktisch unter sich sind. Brenda Mäder, in der Radiosendung auf die im Ausland erneut heftig geführte Quotendiskussion angesprochen, sagte, es komme doch nicht auf das Geschlecht sondern die Qualität einer Kandidatin an und sie wolle jedenfalls keine Quotenfrau sein. Obwohl die Realität widerlegt, dass es Frauen gelingt, die ihren Fähigkeiten entsprechende Positionen zu erlangen, entspricht die Aussage von Brenda Mäder so ziemlich dem Niveau der Quotendiskussion in der Schweiz, da hat sich seit 10 Jahren nichts verbessert.

Wir sollten sie trotzdem auch bei uns wieder führen. Denn obwohl es dank dem Einsatz von frauenbewegten Politikerinnen inzwischen keine direkte Diskriminierung in Verfassung und Gesetz mehr gibt, sind wir von der realen Gleichstellung im Sinne gerecht verteilter Macht und Ressourcen noch weit entfernt. Allem antifeministischen Gejammer zum Trotz! Es sollte hellhörig machen, wenn es für Frauen viel schwieriger ist, in der Wirtschaft in Führungspositionen zu gelangen als in der Politik. Das lässt auf einen Bedeutungsverlust der Politik gegenüber der Wirtschaft schliessen, in einer globalisierten Welt, in der leider die Wirtschaft den Takt vorgibt, ist das eine fatale Tendenz! Wem eine nachhaltig geschlechtergerechte Welt am Herzen liegt, für den bleibt auch nach den erreichten Fortschritten noch viel zu tun. Packen wir es an!

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