«Unser Druck zeitigt Folgen»

| Neue Luzerner Zeitung

Interview zum Rücktritt als Fraktionschefin

Eine Regierungsbeteiligung müsste gut überlegt sein, sagt Cécile Bühlmann. Sie wurde nach 12 Jahren als Fraktionschefin mit Standing Ovations verabschiedet.

Nach 12 Jahren geben Sie das Fraktionspräsidium ab. Was bedeutet das?
Ich bin mittlerweile so etwas wie das Gedächtnis der Partei, aber auch des Ratsbüros. Ich habe mehrere Partei- und Fraktionspräsidenten erlebt und bin nun mit Abstand die Amtsälteste im Ratsbüro.

Was ist heute anders als früher?
Die Politik ist schnelllebiger geworden. Heute tritt rund ein Drittel des Parlaments nach Ende einer Legislatur zurück. Es gibt also grosse Wechsel. Damit wird auch der Erinnerungshorizont in den beiden Ratskammern kürzer. Das zeigt sich auch daran, dass ich inzwischen über die Parteigrenzen hinweg gefragt werde, wie es zum einen oder anderen Beschluss gekommen ist.

Bedeutet schnelllebig auch schlecht?
Ich stelle schon fest, dass immer weniger Leute die Entwicklungen über die Jahre hinweg verfolgen. Das finde ich eigentlich nicht gut.

Weshalb?
Es wird gerne vergessen, wie mühsam einzelne Errungenschaften erkämpft wurden. Ich plädiere nicht für ein Sesselkleben, aber eine gewisse Langfristigkeit ist nicht negativ.

Ist der Einfluss der Grünen in den vergangenen 12 Jahren grösser oder kleiner geworden?
Auch wenn es die Konkurrenz nie zugeben würde. Ich bin überzeugt, dass ohne uns die Umweltthemen einen noch schwereren Stand gehabt hätten. Auch wenn wir mit Vorstössen selten Erfolg hatten, der permanente Druck zeitigte Folgen.

Täuscht der Eindruck, oder entwickeln sich die Grünen zu einer primär gesellschaftskritischen Partei links der SP?
Man muss die Entwicklung der Partei im Auge behalten. Die Grünen waren am Anfang sicher stärker auf rein umweltpolitische Fragen konzentriert, als bürgerliche Politikerinnen wie Leni Robert oder Rosmarie Bär ihre Parteien verliessen und eine Alternative bei den Grünen suchten. Dann kamen die Linken dazu, etwa aus der Poch und der SAP. Alle diese Kräfte haben sich zusammengerauft und bilden heute die Grüne Partei. Es hat also immer beide Elemente in der Partei gegeben.

Umfragen zeigen, dass die Grünen derzeit im Trend liegen. Ihre Prognosen für die Wahlen 2007?
Wir werden zulegen. Ich sehe keinen Grund, weshalb der Trend brechen sollte.

Wie viel?
Ich nenne nicht gerne Zahlen. Parteipräsidentin Ruth Genner sagt jeweils, dass wir 2007 einen Wähleranteil von 10 Prozent erreichen werden. Das wären 2 Prozent mehr, als die letzte Umfrage ergab.

Die Grünen profitieren letztlich von der SVP. Die Polarisierung verstärkt sich, die Mitte verliert, links und rechts legen zu.
Das kann sein. Die Mitte ist selber schuld, wenn sie Wähleranteile verliert. Es schleckt keine Geiss weg, dass FDP und CVP einen so heftigen Rechtskurs fahren, dass ich mir durchaus vorstellen kann, dass das einigen in der Partei zu viel wird. Sie können gewisse Entscheide nicht mehr mittragen und wechseln zu uns oder der SP.

Vorausgesetzt, der Zuwachs trifft wie erwartet 2007 ein. Dann wollen die Grünen in den Bundesrat?
Das hängt ja nicht nur von uns ab. Die Bundesversammlung wählt die Regierung, und die müsste drei links-grüne Regierungsmitglieder wählen. Das ist eine hohe Hürde.

Aber davon geträumt wird schon?
Ich bin nicht überzeugt, dass es für uns gut wäre, im Bundesrat zu sein. Das würde nur Sinn machen, wenn wir zusammen mit der SP die Mehrheit hätten. In einer bürgerlich dominierten Regierung nur das sozialpolitische Feigenblatt zu spielen, ständig in der Minderheit zu sein und Entscheide trotzdem kollegial mittragen zu müssen, wäre nicht das, was ich mir wünschte. Ein solches Szenario müsste wohl überlegt und in der Partei ausführlich diskutiert werden.

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