Aufhebung der Wehrpflicht

Geschlechtergerechtigkeit statt Männer-Wehrpflicht

Rede als Geschäftsleiterin des cfd an der Medienkonferenz zur Lancierung der Initiative zur Abschaffung der Wehrpflicht, 5. Juli 2010

Die Abschaffung der Wehrpflicht ist längst fällig, denn seit ihrem Bestehen erzieht die Armee als „Schule der Nation“ Männer zu einem geschlechterhierarchischen Rollenverhalten. Dieses steht im Widerspruch zur gleichberechtigen Ausgestaltung von Männer –und Frauenrollen, welche in der heutigen Gesellschaft für immer mehr Frauen und Männer gelebte Praxis ist.

Für eine feministische Friedensorganisation ist die im 19. Jahrhundert - genau im Jahr 1874 - eingeführte Wehrpflicht für Männer ein alter Zopf, der längst abgeschnitten gehört. Die für Männer obligatorische Wehrpflicht war von Anfang an mit ganz bestimmten Vorstellungen von Männlichkeit gekoppelt: die Armee ist die Schmiede der Männlichkeit, der Mann als Soldat und Krieger bewährt sich in Militär und Krieg. Eigenschaften wie Disziplin, Mut, Stärke, Härte, Tapferkeit, Standfestigkeit und Gehorsam gehören dazu, und Konflikte werden durch Gewaltanwendung gelöst. Der Generalstabsoberst Gustav von Däniken brachte 1938 diese Vorstellung mit der folgenden Aussage auf den Punkt: „Das Soldatentum ist höchst potenzierte Männlichkeit, die Erziehung zum Soldaten ist die Erziehung zum Manne.“ In dieser Logik galt der Konnex Soldat-Staatsbürger als der tragende Pfeiler der Nation, nicht umsonst wurde der Militärdienst als Schule der Nation bezeichnet.

Frauen waren da nie mit gemeint. Diese Vorstellung von Männlichkeit zieht eine scharfe Trennlinie zwischen den Geschlechtern und sie hat eine durch alle gesellschaftlichen Bereich hindurch gezogene Geschlechterhierarchie mitgeprägt. Frauen wurden andere Eigenschaften zugeordnet: hegen, pflegen, heilen, verstehen, dienen. Kein Wunder, dass die im Zuge der geistigen Landesverteidigung entstandene Organisation von Frauen „Militärischer Frauenhilfsdienst“ MFHD genannt wurde. Dass die Idee solch militärischer Frauenhilfsdienste überhaupt entstand, hat damit zu tun, dass Frauenrechtlerinnen erkannt hatten, dass das Aktivbürgerrecht im engen Zusammenhang mit dem Militärdienst stand. Sie suchten deshalb Möglichkeiten, um sich für die Armee nützlich zu machen und verbanden damit die Hoffnung, endlich auch als vollwertige Staatsbürgerinnen anerkannt zu werden und die poltischen Rechte zu erhalten. Damit stellten sie aber die Geschlechterhierachie noch nicht in Frage.

Erst mit der mühsam erkämpften Einführung des Frauenstimmrechtes im Jahr 1971 wurde die Trennung von Wehrpflicht und Wahl- und Stimmrecht vollzogen, und alle Versuche, die Wehrpflicht auf Frauen auszudehnen, wurden glücklicherweise bisher immer abgelehnt. Für konservative Kreis war der Grund, dass sie die gechlechterhierarchische Rollenteilung durch den Einbezug der Frauen in die traditionelle Männerdomäne Militär in Gefahr sahen. Für die Mehrheit der friedenspolitischen und der feministischen Kreise kam der Einbezug der Frauen aus grundsätzlicher Kritik am Militarismus und seinem damit verbundenen Männerbild nicht in Frage.

Mit der Aufhebung der Wehrpflicht für Männer wird der Zwang zur Einübung solcher Männlichkeit abgeschafft, wird die Schulpflicht für die Schule der Nation aufgehoben. Der Wechsel von der Massenarmee zur Freiwilligenarmee macht personelle und finanzielle Ressourcen für die zivile Friedenförderung und für die Ausgestaltung eines Friedens-, Umwelt- und Sozialdienstes frei. Der freiwillige Zivildienst wird aus dem Logik des Militärischen gelöst und bietet eine friedenspolitische Alternative zur zunehmenden Militarisierung der Gesellschaft. Denn auf der Suche nach Sinn und Zweck der viel zu grossen Armee wird diese immer häufiger zur Bewachung von Sportanlässen, Volksfesten und Gewerbeausstellungen eingesetzt, wofür sie aber völlig ungeeignet ist. Heute sind gewaltfreie Konfliktbearbeitung, Partizipation und Solidarität gefragt, alles Eigenschaften, die der Institution Militär fremd sind.

Die Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht und zur Schaffung eines freiwilligen Zivildienstes geht die oben beschriebenen Probleme grundsätzlich an und bietet eine vernünftige Alternative zum Zwang zum Militärischen. Deshalb ist es für den cfd klar, dass er die Initiative unterstützt.

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