Kolumne Pfarreiblatt: Mitgefühl für alle

| Kolumne erschienen im Pfarreiblatt der Kath. Kirche Stadt Luzern

Was ist gerecht?

Als kürzlich zwei Schweizer Politiker bei einem Terroranschlag in Burkina Faso ums Leben kamen, sagte Bundespräsident Didier Burkhalter in der Tagesschau: «Es ist eine Ungerechtigkeit, sie haben doch dort etwas sehr Gutes gemacht.» Er meinte damit das Engagement der beiden für ein Entwicklungsprojekt in Ouagadougou. Diese Aussage hat mich stutzig gemacht: In dieser Logik wäre es gerechter, wenn zum Beispiel einfach ein Tourist in Burkina Faso bei einem Terroranschlag ums Leben gekommen wäre. Das hat Didier Burkhalter natürlich nicht so gemeint. Er wollte wohl sagen, dass Menschen, die Gutes tun, so ein Schicksal nicht verdienten. Solche Aussagen höre ich immer wieder, wenn von Krankheiten und Todesfällen berichtet wird, die Menschen unerwartet treffen: Es sei ungerecht, sie hätten so etwas nicht verdient, sie seien doch so gute und liebenswürdige Menschen.

Aber wir sollten vorsichtig sein, im Zusammenhang von Tod und Krankheit von Gerechtigkeit zu reden. Hat es denn jemand verdient, den wir nicht so gut mögen oder der kein so lieber und engagierter Mensch ist? Krankheiten und früher Tod sind für alle Betroffenen schlimme Schicksalsschläge und unser Mitgefühl sollte nicht nur jenen gelten, die wir als gut und liebenswert betrachten. Die ganz grosse Ungerechtigkeit ist doch, dass solche Schicksalsschläge die einen schon im besten Alter ereilen und dass andern ein langes Leben vergönnt ist. Gegen soziale Ungerechtigkeiten kann man sich wehren, gegen die grosse Ungerechtigkeit eines ungleich langen gesunden Lebens nicht!

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