Kolumne 60plus: Klima und Frauen

| Kolumne erschienen auf der Website von Luzern60plus

Was hat die Klimafrage mit der Frauenfrage zu tun?

Sowohl den Grünen als auch den Frauen werden für den Wahlherbst grosse Gewinne vorausgesagt. Schliesslich gingen Zehntausende fürs Klima und für die Gleichstellung auf die Strasse. Wo liegt denn das Gemeinsame in diesen Anliegen?

Es gab Menschen, die sowohl an den Klimademos wie auch am Frauenstreik teilgenommen haben. Gibt es eine gemeinsame Triebfeder für diese beiden doch recht unterschiedlichen Themen, welche die Menschen in Scharen auf die Strasse trieb? Ich orte sie im Kampf für eine insgesamt gerechtere Welt. Da ist einerseits die Klimagerechtigkeit, die von den Klimajugendlichen eingefordert wird. Sie wollen eine Welt, die nicht nur uns hier und jetzt das Überleben sichert, sondern auch im Süden unseres Planeten und auch den Generationen nach uns. Und da ist die Forderung nach einer geschlechtergerechten Welt, die Schluss macht mit den Privilegien weisser alter Männer. Den Frauen ist der Kragen geplatzt, weil sie immer noch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit warten müssen, weil die Care-Arbeit immer noch fast allein von ihnen gestemmt werden muss, weil sie immer noch sexuell belästigt werden und weil die Vereinbarkeit von Beruf und Familie immer noch einseitig zu ihren Lasten geht.

Dass an den Klimademos viele Frauen teilnahmen, verwundert nicht. Den Frauen sagt man ja nach, sie seien für den Umweltschutz sensibler als die Männer. Deshalb war die grüne Partei seit ihren Anfängen für Frauen attraktiv und sie wird stark von Frauen geprägt. Deshalb bin auch ich vor mehr als 30 Jahren den Grünen beigetreten. Und es hat mich als Fraktionspräsidentin in den 90er Jahren mit grossem Stolz erfüllt, die frauenfreundlichste Fraktion unter der Bundeshauskuppel leiten zu können.

Die besondere Affinität von Frauen für grüne Anliegen wird gern mit der Biologie begründet: da Frauen Kinder bekommen können, seien sie quasi näher an der Natur und spürten direkter, was den Kindern schade. Doch gegen diesen biologistischen Ansatz wehre ich mich entschieden: das hiesse nämlich, dass kinderlosen Frauen und Männern diese Sensibilität fehlen müsste. So ein Unsinn! Gerade junge emanzipierte Männer mit Kindern waren an beiden Demos anzutreffen. Sie treten den Beweis an, dass die Sorge um eine gesunde Umwelt nichts mit Biologie zu tun hat, sondern sehr viel mit der Lebenserfahrung. Als aktive Väter wissen sie genau so gut wie Mütter, was für eine Welt sie sich für ihre Kinder wünschen. Ich bin froh, dass sich die beiden Bewegungen nicht etwa gegeneinander ausspielen liessen, sondern eher bereicherten und überschnitten. Die Gemeinsamkeiten sind einfach zu gross: die Sorge um den zerstörerischen Umgang mit der Umwelt und die Wut, dass die Politik fehlt, welche das Überleben auf diesem Planeten sichert und welche Arbeit und Einkommen zwischen Frauen und Männern und zwischen dem globalen Süden und dem reichen Norden gerecht verteilt.

Das stimmt tatsächlich optimistisch für den Herbst: Wenn Klimajugendliche und Frauenstreik-Aktivistinnen zusammen bei den Herbstwahlen unvoreingenommen die Parteiprogramme scannen und dann auch entsprechend wählen gehen, wird es gut für das Klima und gut für die Frauen herauskommen!

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